Mehr als Lausbubengeschichten – Verbundenheit seit gut 70 Jahren: Wilfried Kleber
Noch immer blitzen seine Augen, wenn Wilfried Kleber (Hachenburg) von seinen Erlebnissen im Stöffel-Park erzählt. „Das ist meine zweite Heimat“, sagt er. Die Anekdoten aus seiner Kindheit – sie sind schon gut 70 Jahre alt – geben einen lebendigen Blick in die Vergangenheit.
Ein paar davon hat der in Rosenthal am Niederrhein Geborene (19. Januar 1942) später auch gerne in seine Gästeführungen eingebaut. Dazwischen lagen zwar Jahrzehnte, aber seine Verbundenheit mit dem Stöffel bleibt bis heute frisch. Kaum hatte er seine Erwerbsjahre hinter sich gelassen – die Fahrschule hatten er und seine Frau Gabi verkauft – engagierte er sich als Rentner für das Stöffel-Park-Projekt.
Wilfried, die Stöffelmaus
Viele Menschen haben den Stöffel-Park über die Stöffelmaus kennengelernt. Damit ist an dieser Stelle insbesondere Wilfried Kleber gemeint, der viele Jahre als knapp 1.90 Meter große Plüsch-Stöffelmaus bei Märkten, Messen oder für die Grundschulkinder in der Stöffelmaus-Schule in Stockum-Püschen unterwegs war. Überall zauberte er so Groß und Klein ein Lächeln ins Gesicht und erweckte Interesse an den Fossilien des neuen Stöffel-Parks, der 2006 offiziell eröffnet wurde. Auch in Mainz oder in Hachenburg, als Otto Waalkes auf Werbetour im Cinexx war, war diese „Plüschmaus“ dabei.Ein Platz der Arbeit – und Platz zum Feiern
Doch zurück zum Anfang: Zunächst lebte Wilfried Kleber in Rosenthal an der holländischen Grenze. Die Familie zog gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nach Emmerzhausen, dann, da war Wilfried acht Jahre alt, nach Enspel, wo der Vater Wilhelm Kleber von 1950 bis 1967 bei der Firma Adrian als Werkmeister arbeitete. Klebers wohnten im Verwaltungsgebäude, wo sich über der Wohnung ein Saal befand, der damals für Betriebssitzungen und Feiern genutzt wurde. Seine Schwester Brigitte hat dort ihre Hochzeit begangen. Und die Freiwillige Feuerwehr Enspel feierte viele Jahre hier Fasching. „Es war 1968 oder 69“, erinnert sich Gabi Kleber, „da hat es während der Karnevalssitzung so viel geschneit, dass ich die Tanzschuhe in die Hand genommen habe und auf Strümpfen nach Hause ging.“ „Wenn sonntags Reparaturen durchgeführt wurden, weil die Maschinen dann stillstanden, wurde nach getaner Arbeit darauf angestoßen“, so Wilfried Kleber. Bei der Trauerweide, die noch heute neben dem Verwaltungsgebäude steht, ging es dann hoch her. Unter ihnen war auch der ehemalige Ortsbürgermeister Alois Wörsdörfer, der rund 60 Jahre im Stöffel beschäftigt war.Anlaufstellen im Ort
Ein beliebtes Getränk im Stöffel waren die „Siwwe Sorte“. Wenn der Junge auf der Treppe vor der Werkswohnung saß, bekam er öfter von den Arbeitern den Auftrag, diesen mit sieben Zutaten hergestellten Schnaps zu besorgen. Dann ging er zum Wirt Keltersch Christian, der ohne Umstände anschrieb. „Die Schulden wurden bei Erhalt der Lohntüte sofort bezahlt.“ Oder er lief zu „Unne Hinnersch“, wo es Brot und Brötchen zu kaufen gab. Zum dicken Willi, dem Metzger, wurde er auch geschickt, Einkäufe zu erledigen. Dessen Frau Finchen verkaufte „Schnippelschen“ (klein geschnittene Wurstenden) für einen Groschen. „Für mich gab’s das aber immer umsonst“, erinnert sich Wilfried schmunzelnd. „Als ich zehn Jahre alt war, habe ich täglich um 17 Uhr die Post zum Bahnhof gebracht, wo die Dampflokomotive mit drei Anhängern wartete – zwei für den Personenverkehr, einer für die Post. Damit habe ich 5 DM im Monat verdient. Nach drei Jahren konnte ich mir von dem Geld ein Rad kaufen.“Der Stöffel als Spielplatz
Wenn die Arbeiter Feierabend hatten, hatte der umtriebige Lausbub fast das ganze Stöffel-Gelände für sich. Die Drehscheibe der Loren wurde bei ihm zum Spielzeug. Er probierte sein Können an der Kreissäge, entfachte auch schon mal ein Feuer in der Schmiede oder baute Vogelhäuschen in der Stellmacherei… Nicht alles mit Genehmigung, versteht sich. Ein Klettermax war er auch. Der stattliche Schornstein der Firma Adrian, damals das 38 Meter hohe Wahrzeichen Enspels, hatte es ihm angetan. „Ich war ganz oben angelangt, als mein Vater mich suchte und nach mir rief. Er schaute in alle Richtungen, nur nicht in die Höhe“, erzählt Wilfried, dem der Pfiff des Vaters noch in den Ohren klingt: „Das bedeutete Alarmstufe 1!“, sagt er. Übrigens: Der Arbeitskittel seines Vaters ist heute noch in Brecher 1 zu sehen. „Außerdem hatte ich vier Ziegen zu hüten, erinnert Wilfried Kleber sich, „die liefen in einem unbewachten Moment in die Brecheranlage 4, wo sie Staub leckten.“ Als Kind hat er sich über die merkwürdigen zerbrechlichen Schichten im Steinbruch gewundert, die sich später als der Ölschiefer herausstellten, der die Fossilien barg. 1958 zog die Familie ins Dorf um.(Foto: Archiv Stöffel-Park)