Der Schmied und Werkzeugmacher arbeitete im Steinbruch
Ein Bild von Gabriele Held-Habermann aus Hergenroth stößt eine Tür auf, die eine mehr als 100 Jahre alte Geschichte verbirgt. Wer ist das Paar – und was hat es mit dem Stöffel-Steinbruch in Enspel zu tun?
Der Mann heißt Karl Held. Er gehört zu den Menschen, die bei Firma Adrian im Stöffel gearbeitet haben. Er selbst war Werkzeugmacher und Schmied. Um hier im Steinbruch Geld verdienen zu können, nahm er – in den 1900er-Jahren beginnend – einen besonders langen Arbeitsweg in Kauf. Denn er wohnte in Kaden – das heißt gut elf Kilometer und etliche Höhenmeter weit weg.
So mancher konnte sich noch Jahrzehnte später daran erinnern, dass Karl immer so fleißig lief. „Er ging den Weg täglich“, so erzählte es noch sein Enkel oft, der seine Kindern gern an die Mühsal seines Großvaters erinnerte, wenn diese über einen kurzen, steilen Fußweg klagten, den sie von der Bushaltestelle nach Hause zu gehen hatten.
Von Arbeit und Liebe
Der um 1886 geborene Karl Held hat in Enspel nicht nur Arbeit, sondern auch die Liebe gefunden. Denn er lernte Katharina Benner (*31. März 1890) dort kennen, und die beiden heirateten. 1913 und 1919 wurden ihre Söhne Willi und Hubert geboren.
Ein weiterer Steinbruch wurde von Fa. Adrian Anfang des 20. Jahrhunderts in Hergenroth eröffnet, und Karl Held wurde von seinem Arbeitgeber gebeten, dorthin zu wechseln. In dem Dorf nahe Westerburg baute sich das Paar ein Basalthaus und hielt Ziegen. „Sie waren Selbstversorger“, fasst die Urenkelin zusammen. Leider ist Karl Held nicht sehr alt geworden. Mit knapp 70 Jahren starb er. Er war durch die harte Arbeit „kaputt geschafft“, wie man von vielen seiner Generation sagen muss.
Von Bellinghausen und dem Bienenhaus
Herr Bellinghausen, dessen Familie aus Bonn stammte, war Werksleiter im Hergenrother Steinbruch. Er selbst hat im Dorf ein Haus für seine Familie gebaut. Zwei seiner drei Töchter lebten dort bis zu ihrem Lebensende. Die dritte Tochter, Katharina Heinz geb. Bellinghausen, zog nach ihrer Heirat nach Westerburg und arbeitete dort schließlich als Lehrerin an der Grundschule, nachdem sie selbst drei Söhne großgezogen hatte. Von ihr stammt die Erzählung, wie Karl Held zu eigenen Bienen kam.
Herr Bellinghausen betätigte sich als Imker, bis er die Beschäftigung, da er eine Allergie entwickelte, aufgeben musste. Seine Stöcke hatte er u. a. im Steinbruch stehen. Dann übernahm Karl Held die Bienen und hielt sie, wie damals üblich, in einem Bienenhaus. Dieses steht heute noch, wird aber nach Besitzerwechsel anderweitig genutzt. Doch seine Urenkelin hat (viele Jahrzehnte später) die Imkerei für sich entdeckt.
Fotografien, die bleiben
Das schön gerahmte Foto, das in Holz geschnitzte Maiglöckchen ziert, zeigt Karl Held mit seiner Frau Katharina, als sie Anfang der 1960er-Jahre ihre Goldene Hochzeit feierten. Gabriele Held hat das Bild im Stöffel-Park fotografiert, denn hier werden in den 2020er-Jahren gerne Fotos unter dem Titel „Alte Liebe rostet nicht“ veröffentlicht.
Den Hammer, der auf dem anderen Bild zu sehen ist, hat Karl Held vor rund 100 Jahren selbst gefertigt und mit einer Markierung versehen – mit ihm hat er in der Werkstatt des Steinbruchs gearbeitet.
Die Bedeutung der Steinbrüche
Karl Helds Arbeitsgeschichte war nicht untypisch für seine Zeit. So mancher Westerwälder hat – oft neben einer kleinen Landwirtschaft – im Steinbruch gearbeitet, um Geld zu verdienen. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad ging es dann nach der einen Arbeit zu der nächsten Arbeit. Ab 1880 wurde der Basaltabbau im Oberwesterwald vorangetrieben. Viele Dutzende Steinbrüche befanden sich im Westerwald. Das größte Basaltvorkommen gab es beim Stöffel – zwischen Nistertal/seinem Ortsteil Büdingen, Stockum-Püschen und Enspel gelegen. Alleine hier waren im Jahr 1905 insgesamt mehr als 400 Menschen bei verschiedenen Firmen beschäftigt. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs dehnte sich die Basaltindustrie immer weiter aus, hielt Otto Kleinschmidt in der „Chronik Gewerkschaften im Oberwesterwald“ fest.
(Quelle: Chronik von Otto Kleinschmidt – Gewerkschaften im Oberwesterwald)
(Fotos: Tatjana Steindorf (Hammer), Gabriele Held-Habermann (Bild der Goldenen Hochzeit))