Die Alte Schmiede im Stöffel-Park wird bei dieser Lesung zum Abenteuerspielplatz. Ein VW-Bus lugt aus dem Hintergrund hervor, Gitarren stehen bei der Bühne, es gibt hochprozentigen Honig in flüssiger Form zu verkosten und jede Menge Artikel zum Stöbern, die mit einem Wäller Autoren zu tun haben: Micha Krämer.
Der Andrang ist groß
Gut gelaunt verströmt dieser gleich das Flair von: Wo ich bin, mach ich es mir gemütlich, fühle mich wohl, will mit euch eine gute Zeit genießen. Die Eintrittskarten sind ausverkauft, und er hätte locker die doppelte Anzahl unterbringen können, erzählt er, denn ein Artikel in der Westerwälder Zeitung hatte nochmals zahlreiche Anfragen zufolge…
Doch die Ausmaße der historischen Werkstatt in Enspel sind halt beschränkt. Dafür freut er sich, dass er hier seinem Publikum so nahe ist. Und: „Die Location ist halt so schön.“ Das fanden im Jahr 2023 außerdem rund 49000 Besucher, kann Martin Rudolph gleich bei der Begrüßung erzählen. Er freut sich auf weitere tolle Veranstaltungen im laufenden Jahr im Stöffel-Park – „und wenn die noch ausverkauft sind und wir auch noch Geld damit verdienen, dann ist alles gut.“
Lieder aus der eigenen Feder
Schnell zeigt sich, dass die Gitarren keine Deko sind: Mit seinem Nordsee-Song, begleitet von Bassist Thilo Heß, erzeugt Micha Krämer (Kausen) das passende Ambiente für den aktuellen Langeoog-Kriminalfall.
Der ist so aktuell, dass er (noch) in der Zukunft spielt – im Mai 2024. „Wer jetzt aufpasst, weiß schon, welches Wetter wir zu Pfingsten haben“, so Krämer. Und er beginnt aus „Mordsknall“ vorzulesen – erst aus Sicht des Täters, dann aus Sicht von Ohrenzeugen… Unter ihnen ist die beliebte Figur Martin von Schlechtinger, den Krämer als „ganz lieben Gauner“ bezeichnet und der seinen Fans, von denen an dem Abend reichlich gekommen sind, bestens bekannt ist.
Buch mit Wohlfühlkomponenten
Zwei Bad Marienbergerinnen lachen vergnügt in der Pause: „Wir sind ja schon fast Groupies“, meint eine. Die Vielleserinnen mögen Micha Krämers Krimis vor allem, weil sie als Westerwälderinnen viel Bekanntes wiederfinden. Und der Autor schafft zudem gerne Verbindungen zwischen den Westerwälder Krimis und der Ostfriesland-Reihe.
Mord und Totschlag oder verzwickte Handlungsstränge stehen nicht unbedingt im Vordergrund. Bei der Lesung ist bis zur Pause vor allem viel über die Beziehungen der Protagonisten zu erfahren, typische zwischenmenschliche Verhaltensweisen – immer mit Menschenliebe und Humor gewürzt. Und ein ausgiebiges Frühstück darf auch nicht fehlen. Der Schmunzelfaktor zählt und ein Wiedererkennen in den Figuren.
Immer wieder überraschend anrührend sind Krämers Lieder. Mit frischer, heller Stimme zaubert er ungekünstelt die verschiedensten Stimmungen herbei, bleibt aber nicht nur auf der Oberfläche. Er scheut sich nicht, auf Leben und Tod, Trauer und Freud zu singen oder fasst bei „Tränen im Regen“ ein erschütterndes Erlebnis gekonnt in Worte.
Mal Rein-, mal Rausschreiben
Micha schreibt einiges in die Bücher rein, erzählt der Moderator des Abends, der auch schon mal „drin war“. Und manchmal werde auch wieder etwas „rausgeschrieben“, fügt Markus Büth hinzu. Im aktuellen Fall: Hochprozentiges. Brennerei Weyand hat bereits einen Birnen-Likör passend zur Krimi-Lektüre kreiert. Nun ist ein Honigtrunk in Arbeit.
Die Besucher dürfen ihn in der Pause verkosten und mit ihrer Kritik bei der Vervollkommnung mitwirken. Er wird bald über den „Tod der Bienenkönigin“ hinwegtrösten müssen. Da so der neueste Titel in Krämers Westerwald-Krimis heißen wird, ist nämlich kein natürlicher Tod zu erwarten.
Diese Premierenlesung findet im September in der Stadthalle Betzdorf statt. Karten dafür werden an dem Abend im Stöffel-Park bereits verkauft. Eine Neuerscheinung jagt bei Micha Krämer – 1970 geboren, verheiratet, Vater von zwei erwachsene Kindern und Hundeliebhaber – also die nächste. Zwischendurch bietet er auch Betzdorfer Krimistadtrundfahrten mit dem Krimibus an. Ein Tausendsassa!
(Text und Foto: Tatjana Steindorf)