Im Stöffel-Park wird Industrie zu einem reizvollen Thema
Harte Arbeit, wenig Geld, kaum Pausen, strömender Schweiß, Gefahr. Wer möchte oder kann sich heute in die harten Arbeitsbedingungen um 1900 hineinversetzen? Nein, die Arbeit in den Steinbrüchen am Stöffel war kein Traum. Aber sie hat sich doch im Laufe des 20. Jahrhunderts stark verändert, weiterentwickelt, technisiert, vereinfacht. Sie zeigt uns heute, wie Fortschritt funktionieren kann, und wofür es sich einzusetzen lohnt. Und wer von Kippern und Steinbrucharbeitern bei einer Führung hört, der kann Respekt vor der Stärke der Menschen der damaligen Zeit entwickeln, Pioniere der Moderne.
Die Arbeit im Steinbruch
Auf den ersten Blick sind es jedoch die Industriegebäude der Basalt abbauenden Firma Adrian, die den Besucher frappieren. Rost, verwinkelte Dächer und ein Wirrwarr aus Förderbändern, Gebäuden und Silos lassen Wild-West-Romantik aufkommen. Auch auf diesem Stück Nostalgie fußt unsere Gegenwart.
Mehr als 100 Jahre Basaltabbau am Stöffel haben die wirtschaftliche Entwicklung der Region, das Denken und die Traditionen der Bewohner der Anliegergemeinden Enspel, Nistertal und Stockum-Püschen über Generationen hinweg geprägt. Die bis in die 1930er-Jahre errichteten und bis zum Jahr 2001 genutzten zusätzlichen Anlagen sind heute das repräsentative Beispiel der Basalt verarbeitenden Steine-Erdenindustrie im Westerwald und darüber hinaus.
BASALTABBAU SEIT 1902
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es in der Umgebung des Stöffels kaum Industrie. 1902 begannen die ersten Vorbereitungen für den Basaltabbau am Stöffel. 1903 wurde der Betrieb mit einfachsten Mitteln aufgenommen und die ersten Gebäude entstanden. Mit Spitzhacke, Hammer und Brechstange brachen die Arbeiter mit schwerem körperlichem Einsatz das harte Gestein aus der Wand und zerkleinerten es soweit für den Transport, dass es in Loren geladen werden konnte. Die fortschreitende Industrialisierung veränderte das Leben der Arbeiter drastisch. Viele Berufe im Steinbruch sind längst ausgestorben.
In jedem Fall ein begrenzter Rohstoff.
Nach einem Vulkanausbruch wurde der Stöffel-See von einer dicken Lavaschicht bedeckt, aus der beim Erkalten Basalt entstand. Millionen Jahre später wurde er als wertvoller Baustoff entdeckt.
Basalt ist ein basisches vulkanisches, sogenanntes Ergussgestein. Es besteht vor allem aus einer Mischung aus Eisen- und Magnesium-Silikaten mit Olivin und Pyroxen sowie kalziumreichem Feldspat (Plagioklas). Basalt entsteht, wenn dünnflüssiges, kieselsäurearmes Magma an der Erdoberfläche austritt und relativ schnell zu Basaltlava erkaltet. Von Dunkelgrau bis wie gelackt glänzendem Schwarz reicht die Farbpalette des Basalts.
Als Baustoff wird Basalt wegen seines druckfesten, schwer zu bearbeitenden, aber nicht zu spröden Charakters hauptsächlich für den Unterbau von Straßen und Bahngleisen verwendet. Bis etwa 1960 wurde es als Mosaik-, Klein- und Großpflaster im Wege- und Straßenbau verarbeitet. Bis heute wird Basalt in den unterschiedlichsten Formen, neu und gebraucht, im Garten- und Landschaftsbau immer wieder gern verwendet.
Basalt aus dem Stöffel findet sich als Feinsplitt in zahllosen Teerdecken. Hunderttausende von Tonnen gehen vom Westerwald aus in den Gleisbau der Bahn. Auf den Startpisten des Wiener Flughafens Schwechat könnte ohne Stöffeler Basalt kein Jet abheben und die Deiche des Ijsselmeers in Holland halten dank dickster Basaltbrocken aus dem Stöffel dicht.
Wenn Besucher des Stöffel-Parks Horn-Signale hören, dann heißt es „Aufpassen!“ – denn dann wird es gleich sehr laut werden, da im Stöffel eine Sprengung vorgenommen wird.
Um dem Stöffel Basalt abzutrotzen, braucht man einen Plan, Sprengstoff und einen, der sich mit der Materie hervorragend auskennt – den Sprengmeister. Zunächst wird der Sprengbereich vorbereitet. Das heißt: Alle 350–400 cm werden Bohrlöcher mit einer Tiefe von bis zu 18 Metern gebohrt. Der Neigungswinkel dieser Löcher beträgt ca. 75–80 Grad, d. h., sie sind fast senkrecht.
Der Sprengstoff wird je nach Planung entweder patroniert oder als „Slurry“ (= Schlamm) ins Bohrloch eingeführt. Sprengschnur und Zünder komplettieren die Sprenganlage. Dank exakter vorheriger Vermessung der Abbauwand, genauer Bohrung und Planung der Zündung werden die Erschütterungen beim Sprengen auf ein Minimum begrenzt.
Dann wird der Sprengstoff mit den entsprechenden Zündern in die Bohrungen eingebracht.
Der Sprengmeister hat das letzte Wort
Natürlich steht Sicherheit an oberster Stelle. Sind also die vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen, wird alles noch einmal durch den Sprengmeister überprüft. Hierzu gehört auch, sich davon zu überzeugen, dass sich sowohl im aktiven als auch im passiven Steinbruchbereich (= Stöffel-Park) keine Personen oder Besucher mehr aufhalten! Dazu sind an strategischen Stellen Absperrposten eingeteilt.
Erst wenn der Sprengmeister zufrieden ist, kann die Sprengung eingeleitet werden. Dies passiert akustisch – durch das erste, einmalige Hornsignal. Etwa 2–3 Minuten später wird die eigentliche Sprengung mit einem zweimaligen Signal freigegeben. Und dann geht’s los …
Jetzt kann der Abbau mit Hydraulikbagger und Transport mit den riesigen Muldenkippern wieder aufgenommen werden, und auch die Stöffel-Park-Besucher können sicher das Grabungsgelände betreten.
Zeitverzögerung sorgt für eine perfekte Sprengung
Wie auf den Bildern der Sprengung aus dem September 2015 sehr schön zu sehen ist, verläuft die Sprengung zeitlich um Millisekunden versetzt ab – ebenfalls gut zu sehen in unserem kleinen Film der Sprengung.
Durch die Zeitverzögerung wird gewährleistet, dass auch wirklich alle Löcher erfolgreich zünden und dass die Erschütterungsauswirkung gering bleibt.
Bei zeitgleicher Zündung bestünde die Gefahr, dass der Zündablauf unterbrochen wird, falls durch superschnelle Verschiebung einer Gesteinsscholle das benachbarte Bohrloch abgeschert wird. Dann ist die Weiterleitung des Zündimpulses unterbrochen und nicht alle Löcher können gesprengt werden. Außerdem steigen bei zeitgleicher Zündung aller Bohrlöcher durch Überlagerung der Schockwellen im Gebirge die Erschütterungen stark an.
Auf diese Art und Weise wurden im Jahr 2015 noch rund 600.000 Tonnen Basalt abgebaut.
Meist ist es das Schicksal eines stillgelegten Steinbruchs, als lange Zeit sichtbare Wunde das Landschaftsbild zu prägen. Renaturierungsmaßnahmen verschließen diese Wunde oberflächlich, decken aber auch die Geschichte des Steinbruchs zu. Die Geschichte des Stöffels, des mit 140 Hektar größten zusammenhängenden Basaltabbaugebiets im Westerwald, soll dagegen lebendig bleiben und den Besuchern seine Geschichte erzählen.
Gegründet zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Steinbruchbetrieb der Firma Adrian Basalt GmbH & Co. (seit 1. Januar 1986 Cronenberger Steinindustrie) während seiner Betriebszeit von knapp 100 Jahren immer wieder verändert. Vor allem der Firmenphilosophie der Inhaber ist es zu verdanken, dass zwar im Zuge des technischen Fortschritts Neuerungen eingebaut, alte Anlagen aber nicht, wie andernorts, abgerissen wurden. Immer fand sich eine Möglichkeit, Bewährtes weiter zu nutzen oder einer neuen Bestimmung zuzuführen. Die Geschichte des Basaltabbaus vom Beginn bis zur Stilllegung wird hier eindrucksvoll lebendig.
Der Aufschwung der Region
Als im Jahr 1902 die Firma Adrian mit dem Bau eines ersten Brechers und der Bahnverladestation die Möglichkeit der Basaltgewinnung und -verwertung eröffnete, kam der Aufschwung für die Region. Die fast vollständig erhaltenen Werksanlagen der Firma Adrian sind ein in Deutschland einzigartiges Zeugnis der Industriegeschichte. Kein anderes Industrie-Ensemble des Basaltabbaus besitzt einen derartigen qualitativen wie quantitativen Reichtum an Maschinen, Werkzeugen und Betriebsgebäuden.
Der Steinbruchbetrieb der bereits im Jahr 1838 gegründeten Firma Adrian wurde im Laufe von Jahrzehnten immer wieder verändert und stets den wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten angepasst. Auch der Firmenname. Nach der Firma Adrian. kam die Cronenberger Steinindustrie. Industrialisierung und damit Automatisierung brachten zwar auch viele bauliche Neuerungen mit sich, ausrangierte Anlagen fielen jedoch nicht der Spitzhacke zum Opfer. Die Inhaber haben vieles bewahrt. So blieben Brechergebäude und unter anderem auch die Alte Schmiede erhalten – ein zentraler Punkt für die Arbeit im Steinbruch.
Über Generationen hinweg
Die Geschichte des Basaltabbaus vom Beginn bis zur Stilllegung wird im Stöffel-Park eindrucksvoll lebendig. Der Basalt hat das Leben von Generationen entscheidend beeinflusst. Für praktisch jede Familie in den umliegenden Ortschaften war der Steinbruch Grundlage für wirtschaftlichen Aufschwung. Oder in schlechten Zeiten eben auch für wirtschaftliche Krisen.
Die ersten Gastarbeiter
Mit den Jahren ging es stetig aufwärts. Ca. 1904 erfolgte der Bau der alten Schmiede, wo heute der Erlebnisraum „Historische Werkstatt“ untergebracht ist. Im Jahr 1906 waren zunächst sechs Arbeiter im Steinbruch beschäftigt. Die erste Brecheranlage wurde in Betrieb genommen. Die Auftragslage war gut und schon 1907 wurden zur Behebung des Arbeitskräftemangels 20 Italiener eingestellt. Der Wochenlohn betrug damals 35 bis 40 Mark.
Um ca. 1914 wurde die anfänglich zur Energieerzeugung eingesetzte Lokomobile – eine bewegliche Dampfmaschine – durch eine fest installierte Dampfmaschine ersetzt. Der Schornstein mit 38 Meter Höhe wurde zum neuen Wahrzeichen am Stöffel. Manches ging nun einfacher: Der Basaltabbau wurde durch Sprengungen erleichtert. Bereits 1912 musste daher ein Dynamitlager errichtet werden.
Die Dampfmaschine wurde 1922 durch drei leistungsstarke BBC-Elektro-Motoren (jeweils 125 PS) ersetzt, drei weitere Brecheranlagen entstanden. Die stolze Bilanz und vorläufiger Rekord: Im Jahr 1927 wurden 330.000 Tonnen Basalt in den Betrieben Stöffel, Hergenroth und Limburg abgebaut. In den 20er Jahren arbeiteten bis zu 1.000 Menschen im Steinbruch.
1949 erfolgte dann der Bau von Ersatzteilschuppen (Nissenhallen) und der Bau einer Unterkunft. Von 1950 an stand die Mechanisierung der Industrieanlagen im Mittelpunkt und der Transport der Steine wurde auf Lkw umgestellt. Außerdem kamen jetzt immer mehr Bagger zum Einsatz. Durch gewaltige Sprengungen wurden Tausende Kubikmeter Material gewonnen. Die Handarbeit war immer weniger gefragt.
Vorkommen erschöpft
120 Arbeiter waren zu diesem Zeitpunkt bei der Firma Adrian beschäftigt. 1958 folgte ein weiterer Fortschritt – ein Förderband von den Brecheranlagen direkt zur Bahnverladung.
Der Abbau war bis zum Ende des Jahres 2000 in Betrieb, zuletzt mit elf Arbeitern. Die Abbaumenge allein bei der Firma Adrian betrug im letzten Betriebsjahr 340.800 Tonnen. Die Basaltvorkommen in diesem Bereich des Stöffels sind erschöpft. Erhalten geblieben sind die eindrucksvollen Gebäude und Anlagen, die als Denkmal der Basaltindustrie deutschlandweit einmalig sind. Aus der einstmals imposanten Erhebung ist eine fast 100 Meter tiefer liegende Mulde geworden.
Schwere Arbeit im Stöffel – aber hier ist einmal Zeit für ein Gruppenfoto. Die Aufnahme (in der die Arbeiter wie zu einem „Berg“ zusammengestellt sind) stammt aus der Zeit 1928–1930. Ein Dokument, das ein bisschen erahnen lässt, wie schwer die Arbeit im Basalt-Steinbruch war. Wir danken Frau Hasselbeck aus Wuppertal, die uns das Foto geschickt hat, das unter anderem ihren Vater Albert Krämer aus Oellingen zeigt (vorne links, mit Kappe).