Mehr zu den Sigambrern aus dem "Hannes"
Tief im Westerwald …
... lebten vor 2000 Jahren die Sigambrer in Behausungen aus Holz und Lehm. Dichte urwüchsige Wälder bedeckten die Landschaft, unterbrochen von sumpfigen Wiesen.
Einst wohnten hier die Kelten, die sich im Laufe der Jahrhunderte auf die linke Rheinseite zurückzogen. An ihre Stelle traten die Sigambrer, ein westgermanischer Stamm, dessen Herkunft im Dunklen liegt. Ursprünglich vom Niederrhein stammend, zog er über das heutige Sauerland und ließ sich im Westerwald nieder.
Streit und Krieg waren ihr Leben
Nur unbefestigte Pfade durchzogen die unwegsame Gegend zwischen Sieg, Lahn und Rhein und verbanden die einzelnen Siedlungen. Im Gegensatz zu den Römern kannten die Germanen keine Städte. Sie bauten ihre Häuser auch nicht aus Steinen oder Ziegeln, sondern schlugen zwischen tragenden Holzpfosten weitere Stangen ein und flochten Weidenzweige dazwischen. Die Geflechtwände wurden mit Lehm verputzt und die Dächer mit Stroh gedeckt. Mehr Aufwand lohnte sich nicht, waren doch mit Plünderungen und Verwüstungen einhergehende Kriege und Stammesstreitigkeiten an der Tagesordnung. Im Haus lebten die Bewohner dann mit ihren Tieren zusammen, sodass sie mit Milch und Fleisch versorgt waren.
Ohne Bier ging nichts
Die Sigambrer betrieben auch Ackerbau, der jedoch gern den Frauen überlassen wurde. Für den sigambrischen Mann stellte die Landwirtschaft keine sinnvolle Tätigkeit dar. Seine Leidenschaft war das Kriegshandwerk. Wer sich als Mann übermäßig mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigte, galt als faul. Angebaut wurden überwiegend Gerste und Weizen, aus denen die Sigambrer auch Getränke brauten. Schon damals war Bier das bevorzugte Getränk für die Menschen in dieser Gegend und wurde von groß und klein zu jeder Tageszeit genossen.
Unzivilisierte Barbaren?
Vieles, was wir heute über unsere germanischen Vorfahren wissen, verdanken wir dem römischen Schreiber Tacitus, der in seiner Schrift „Germania“ die rauen Sitten und Gebräuche der Germanen darstellt, aber auch ihren Freiheitswillen und ihre Tapferkeit im Kampf hervorhebt. Die Römer hielten die Germanen für unzivilisierte Barbaren und fühlten sich ihnen dank der römischen urbanen Kultur und ihrer technischen Errungenschaften haushoch überlegen. Was sie jedoch nicht davon abhielt, auf barbarische Art und Weise ganze germanische Stämme nahezu auszurotten.
Ein wenig Ruhe im Westerwald
Unter Julius Cäsar griffen römische Legionen um 55 v. Chr. die linksrheinischen Stämme der Usipeten und Tenkterer an und verschonten dabei weder Frauen noch Kinder. Einigen Überlebenden gelang die Flucht über den Rhein, wo sie am anderen Ufer von Sigambrern in Empfang genommen wurden. Die drei Stämme solidarisierten sich und überfielen zwei Jahre später eine davon überraschte römische Legion in Atuatuca (römische Stadt an der Maas). Nur mit großer Mühe gelang es den Römern, den Angriff abzuwehren. In den darauffolgenden Jahren herrschte zunächst Ruhe im Gebiet des heutigen Westerwalds, jedenfalls sind keine größeren Scharmützel bekannt.
Niederlage für die Römer
Im Jahr 16 v. Chr. wagten sich unter Kaiser Augustus römische Heerführer über den Rhein, um den einen oder anderen Sigambrer für den römischen Militärdienst zu gewinnen. Das hatte mit anderen Stämmen funktioniert, die Sigambrer hielten es jedoch für keine gute Idee und töteten die Heerführer. Danach drangen sie mit ihren Verbündeten im Bereich der Sieg-Mündung über den Rhein bis nach Gallien vor und plünderten die gallischen Siedlungen. Der römische Statthalter Marcus Lollius nahm mit seiner 5. Legion die Verfolgung auf. Die Germanen hielten abrupt inne, machten kehrt und nahmen den Kampf mit den völlig überrumpelten Römern auf. Diese hatten keine Zeit mehr, sich zu formieren und wurden vernichtend geschlagen. Die Niederlage war ein schwerer Schlag für das imperiale Prestige des Augustus und bescherte den Germanen eine große Ausbeute an hochwertigen Waffen.
Ihre Spur verliert sich...
In den darauffolgenden Jahren überschritten die Sigambrer unter ihrem Kleinkönig Maleo (im Jahr 12 v. Chr. zum ersten Mal erwähnt) mehrmals den Rhein, um gegen die Römer zu kämpfen. Jedoch erlitten sie empfindliche Niederlagen. Später siedelten sie im Gebiet zwischen Ruhr und Lippe und nannten sich fortan Marser. Ihre Spur verliert sich zunächst. Im 3. Jahrhundert tauchen sie, zusammen mit den Usipeten, Tenktenern und anderen germanischen Stämmen als Rheinfranken wieder auf. Andere Stämme schlossen sich zu den Salfranken zusammen. Der Anfang vom Ende der römischen Herrschaft über Europa war gekommen.
508 wurde Chlodwig zum ersten König aller Franken gekrönt. Bei seiner Taufe acht Jahre zuvor sprach ihn der Bischof von Reims mit „tapferer Sigambrer“ an.
(Text: Sabine Dörner/"Hannes")